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Mittwoch, 5. März 2014

Asperger und die Zukunft

Jahr aus Jahr ein tat ich, was ich wollte. Tat was ich tun musste. Tat was andere wollten. Ich stellte das alles nie in Frage. Für mich war es normal, das ich immer tat. Bis zu dem Zeitpunkt, an welchem ich nicht mehr konnte. Nun, dann kam das mit der Diagnose. Auf einmal war alles Vergangene vergessen. Aber es gab auch keine Zukunft. Nichts. Ich wusste weder, was ich machen sollte, noch was nicht. Ich hatte keinen Plan, wie weiter.
Doch irgend etwas musste ich wieder tun. Ich konnte es ja vor der Diagnose auch. Konnte auch arbeiten. Hatte auch Beziehungen. Hatte auch Dinge, die mich interessierten. Wieso also nach der Diagnose nicht mehr? Nun, ich befasste mich zuerst mit dem Autismus. Wollte so viel wie möglich wissen. Aber nicht nur über den Autismus, sondern auch über mich. Was hat dazu geführt, dass alles kam wie es kommen musste? Was kann ich verändern? Was muss ich verändern, dass das nicht mehr passiert? Plötzlich entstanden wieder Gedanken an die Zukunft. An das was vor mir liegt. Was ich tun könnte, wusste ich nicht. Aber ich wusste, dass ich wieder was tun musste. Ich wollte was arbeiten. Wollte was tun. Der Unterschied liegt im Wort WOLLTE. Es war nicht mehr der Gedanke, ich MUSSTE, sondern es war der Gedanke des WOLLENS. Das war für mich neu. Das war aber auch der Gedanke, welcher mich wieder in das Leben zurückbrachte. Ich fasste wieder neuen Mut und neues Selbstvertrauen. Ich begann mein Leben neu einzurichten. Begann mir zu überlegen, wie ich meine Zukunft gestallten könnte. Eines jedoch war sicher. Ich machte das alleine. Ohne IV, Therapeuten oder sonst wen. Ich alleine wollte bestimmen, was ich tue. Was ich arbeite. Nicht jemand anders.
Ich sehe aber auch viele Asperger, die das nicht verstehen. Sie verstehen nicht, dass sie auch an ihre Zukunft denken sollten. Dass nicht immer jemand da ist, der für sie schaut. Dass sie nicht immer das haben können, was sie wollen. Das es nicht immer nur darum geht, den Tag zu überstehen. Es geht doch darum, ein eigenständiges Leben zu führen. Selber zu bestimmen. Selber zu entscheiden. Aber auch selber die Verantwortung zu übernehmen. Für sich, für sein eigenes Leben. Dafür kann und sollte niemand anders verantwortlich sein.
Auch immer den anderen Schuld geben, ist nicht mein Ding. Ich alleine bin für das Verantwortlich, was ich tue. Niemand sonst. Doch ich sehe auch, dass viele Asperger das nicht so sehen. Sie suchen immer wieder Ausreden. Sie wollen ein eigenes Leben, aber nichts oder nicht viel dafür tun. Sie meinen, das ihnen das jemand gibt, wenn sie danach verlangen. Da irren sie sich. Viel wissen aber auch nicht, wie so was geht. Sie haben Angst, sich von zu hause zu lösen. Sie wissen nicht wie. Dabei ist es ganz einfach. Einfach tun. Nicht darüber nachdenken. Ich weiss, das ist nicht einfach. Das kann ich selber nicht immer. Doch wenn es darum geht, selber zu bestimmen, dann handle ich, ich denke nicht. Ich verlasse mich aber auch auf meine Lebenserfahrung. Das, ich weiss, können junge Menschen nicht. Sie müssen diese Erfahrungen zuerst sammeln. Aber musste wir das nicht alle auch? Es gehört einfach zum Leben dazu, dass man Erfahrungen sammelt. Gute wie Schlechte. Die Frage ist nur, ist man bereit dafür? Früher stellte ich mir diese Frage nie. Wieso auch? Ich tat einfach. Die Zukunft lag immer vor mir. Ich machte mir nicht gross Gedanken, was kommen würde. Ich legte mir aber bestimmte Ziel fest. Diese Ziele legte ich Jahre in de Zukunft. Sie sollten mir als Wegweiser dienen. Rückblickend kann ich schreiben, dass ich vieles davon erreicht habe. Einiges auch nicht, oder nicht so, wie ich es geplant hatte. Aber das macht auch nichts.
Ich lebe heute ein Leben, welches ich mir so nicht vorstellen konnte. Eines, das ich gerne Lebe. Eines das aus meiner Sicht sinnvoll ist. Ich sehe der Zukunft positiv entgegen. Ich lebe mein Leben aber nicht nur auf die Zukunft ausgerichtet, sondern auch auf die Gegenwart. Schliesslich lebe ich ja in ihr und nicht in der Zukunft. Diese findet nur im Kopf statt.
Heute plane ich nicht mehr so viel, wie damals. Ich lebe mein Leben in dem ich die freie Zeit mit meiner Frau geniesse. Indem ich arbeiten gehe. Aber auch wenn ich alleine bin. Ich habe gelernt, den Augenblick zu schätzen. Das JETZT. Und mich nicht an der Zukunft festzuhalten. Zu denken, dass es besser wird. Es ist schon viel besser als ich je gedacht habe. Was will ich mehr?

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